Als ich mit dem klettern angefangen habe, hatte keiner ein “Projekt”. Damals haben wir eine vier geklettert, dann die fünf zum warm machen und anschließend die sechs oder sieben versucht. Das haben wir vier, fünf mal probiert und wenn es nicht bis oben hin reichte, haben wir uns etwas neues gesucht. Auf die Idee, die Route so lange zu probieren, vielleicht sogar monatelang, sind wir gar nicht gekommen. Heute hat jeder sein “Projekt”. “Die und die Route muss ich noch ausbouldern.” sagte mir vor einem Jahr ein Kletterer. Ich verstand erst einmal nur Bahnhof. Für jemanden, der jahrelang nur vor sich hinwerkelte war das ein Kulturschock. Aber durch das Internet und ein paar Freunde, die mittlerweile auch zum klettern gefunden hatten (ohne dass ich das mitbekommen hatte), stolperte ich in diese neue Welt. Logisch eigentlich. Bis dahin bin ich quasi nur onsight geklettert – ohne zu wissen was das bedeutet. Angucken und los. Sieht es zu schwer aus oder ich komme nicht weiter, runter und woanders probieren. Auf die Idee, sich das Seil von jemanden anderen einhängen zu lassen oder sofern möglich selbst Toprope einzuhängen und dann die Route auszuspähen und auszuprobieren, bis man die schwierigen Stellen kennt, wäre ich selbst nicht gekommen. Und so habe ich mir in der Halle eine Route gesucht und eine am Hohenstein. Nicht sehr schwer, es geht eher um das erleben. Die blaue 7 in der Halle hatte ich mich gleich am ersten Tag bis unter den Umlenker hochgekämpft, mir den letzten Zug aber versagt, da die Art der Begehung grausam war. Irgendwie hatte ich mich da hochgeschafft, mit zitternden Fingern, gerade so die Exxen noch klippen können. Nein, ich wollte die Route erst beenden, wenn ich sie bequem gehen konnte. Und so kletterte ich seit Neujahr immer mal wieder in der blauen 7. Mal war es einfach, mal unmöglich, aber im oberen Drittel kam ich nicht richtig voran. Bis letzten Samstag. Der Einstieg ging überraschend locker, die Schwierigkeit am 5ten Haken lies sich gut greifen, im Überhang musste ich länger grübeln und brauchte entsprechend Zeit. Die letzten zwei Meter waren die Unterarme schwer aber ich oben und happy. So ist das also, wenn man sich eine Route erarbeitet – sein Projekt schafft. Und dabei nicht einmal Toprope ausgebouldert. Den großen Überhang am Hohenstein werde ich so auch noch knacken. Es fehlt eh nur der letzte Griff, den ich einfach noch nicht finden konnte. Aber den finde ich sicher beim nächsten Mal im Toprope.