Ostern an der Fränkischen Seenplatte. Letztes Jahr war der April heiß und sonnig, also Kajak fahren, segeln und wenn gar nichts geht, klettern in Konstein oder in die fränkischen Schweiz.
Soweit der Plan. Nun sitzen wir schon vier Tage bei 6 – 12 Grad und Regen und naß und langsam launig im Wohnwagen. Kajak bei Regen, Kajak bei 6 Grad, bloß nicht ins Wasser fallen, mehr als 10 Grad hat der See wohl nicht. Segeln fand einmal statt und klettern geht überhaupt nicht, kaum sind mal 6 Stunden ohne Regen und die Hoffnung auf irgendeinen abgetrockneten Fels beginnt wage Gestalt anzunehmen, da pisst es auch schon wieder. Ganz fein. Nicht übermässig. Bei fast 100 % Luftfeuchtigkeit freut sich alleine das Moos am Fels und vielleicht noch ein paar Schnecken. Aber denen ist auch zu kalt.
Mir auch.
Also suchen ich das WWWeb nach Kletterhallen rund um Gunzenhausen ab. Ein paar DAV Wände gibt es. Aber nur draußen. Die DAV Halle in Feucht ist zu weit weg und noch dazu ab heute geschlossen. Ist ja bald Sommer. Wie witzig. Forchheim noch weiter und Climbing Factory in Nürnberg für ein paar Routen zusammen mit Inga auch keine Alternative.
Also probieren wir es mit dem naheliegensten: Der spieloase-jola Gunzenhausen.
Der einzige Bericht im Internet, den ich finde, beschreibt das Grauen. Laute Kindermeuten, üble Routen, niedrige Halle, schlechte Wandstruktur, wenig Griffvielfalt. Fast fahren wir gar nicht los, aber vorbei schauen können wir ja mal. Das gesamte Gerödel ins Auto. Keine Lust die Exen und Hexen auszusortieren.
Der erste Blick in die Halle ist wie erwartet. Hüpfburgen, Trampolin, kilometerlange Sitzecken für die Eltern. Doch wo ist die Kletterwand?
Nun wir stehen direkt davor. Die Kletterwand ist abgetrennt vom Spielbereich, verwaist noch dazu. Keiner klettert. Und sieht gar nicht so schlecht aus. Noch dazu ist es bei weiten nicht so laut, wie an manchen Wochenende in unserer Halle. Die Kids toben in der anderen Ecke der Halle. Super!
Der Eintrittspreis von 5 Euro ist auch angemessen, es gibt zwar nur 11 Umlenker (sofern wir richtig gezählt haben) und bis auf zwei Strecken ist alles toprope, aber hier ist es trocken und warm und man kann klettern. Ich leide schon unter Entzugserscheinungen.
Die erste Route soll für Inga sein. Eine 5-. Im Vorstieg. Ein bisschen popelig. Aber was tut man nicht für die Tochter.
An der dritten Exe belibt mir die Spucke weg. Ja, ist der Routenschrauber hier besoffen, oder 2 Meter groß. Ich muss mich weit strecken, um nicht aus der Wand zu kippen. Wie soll das denn ein kleinerer Mensch schaffen? Inga ist zu kurz und muss in die gelbe Nachbarroute wechseln. Ein Profi war hier nicht am Werk!
Wir wechseln in eine 5 mit Überhang 8.
Das gleiche Spiel. Unten fehlt eine vernünftige Linie, oben werden die Seiten schlagartig gewechselt und wer keine Arme wie Mark Spitz hat, muss es dynamisch angehen. Dazu fehlt am Umlenker ein Griff, ein Schraubkarabiner hängt neben dem Umlenker, der lässt sich aber nicht öffnen und der Umlenker hat keine redundante Sicherung. Also nur ein Karabiner. Das habe ich schon lange nicht mehr erlebt!
Überhaupt fällt mir erst da auf, dass alle Toprope-Seile an beiden Enden mit Achterknoten versehen sind und die Seile an einem einzigen Haken mit Schnapper (!) hängen. Und offenbar wird hier mit Karabiner eingebunden. Auch das ist laut DAV nicht mehr zeitgemäß, nur in Kletterkursen noch gemacht, wobei der Sichernde aber ganz genau hinsehen soll und immer mit zwei Karabinern den Kletterer einbinden soll. Aber ok, andere Länder, andere Sitten.
Ich gehe die 5, muß am Umlenker ans Wandende fassen, um clippen zu können – kein Griff weit und breit, dann geht es ins Dach. Auch hier scheint der Zweimetermensch die Routen vorgegeben zu haben. Ich bin 1,78 und wenn ich die Griffe gefasst habe, kommen meine Beine nicht mehr an die grünen Griffe für die Füße ran. So geht das fast die ganze Zeit und mir bleibt nur, den Rand der Kletterwand zu hooken, was das Zeug hält. Wenn das so gewollt ist, war ich gut, wenn nicht – ich kann es nicht besser und schau mir gerne bei den Locals mal an, wie das gehen soll.
Ich bringe irgendwie die Route zu Ende, nicht schön, aber für die (ahnungslosen) Zuschauer spektakulär. Na, eine 8 zum Auftakt ist doch auch ganz nett. Wobei ich da sehr vorsichtig bin, ab das wirklich eine 8 war. Zumindest so, wie ich sie geklettert habe.
Anschließend klettern wir noch einige 6er und 7er und im zweiten Wanddrittel gibt es eine schöne schwarze 7-, die trotz sehr weiter Griffabstände richtig Spaß macht. Zum Abschluß gehe ich sie noch einmal. Jetzt ist es eine Wonne. Ganz zum Schluß noch eine gelbe 7 mit sehr kleinen Griffen und Sloopern, richtig eingedreht auch sehr schön. Es fällt auf, das man hier sehr häufig die Wand antreten muss, sonst geht gar nichts. Das scheint ein Faible des Routenschraubers zu sein. Dazu gibt es nur eine geringe Anzahl unterschiedlicher Griffe. Die Wand selbst ist auch nicht mehr das neuste und Strukturen fehlen weitgehend.
Jetzt zum positiven: Die Halle macht Spaß!
Für den Preis ist es eine tolle Sache. Mal zwei Stunden ein paar Routen zocken. Super. Ein paar mehr Vorstiegsrouten und ein paar Volumes, dazu noch jemand mit Schrauberfahrung für kurze Routen, da könnte ich einige Tage drin verbringen.
Ganz am Ende gehen auch bei Inga noch einige Route. Speed 5x einfache Routen hoch und runter, dann eine schöne 5 und 6-. Wir sind glücklich, doch noch etwas geleistet zu haben. Die WM werden sie hier nicht austragen, aber für ein paar nette Kletterstunden ist die Halle trotz aller Unkenrufe (waren die überhaupt mal dort?) zu empfehlen.