Die Vorhersagen waren eindeutig: Traumhaftes Wochenende und anschließend soll es nass und kalt werden, der Winter steht vor der Tür.
Grund genug alle anderen Pläne zu canceln und klettern zu gehen. Am Samstag noch von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang im Garten geschuftet, um am Sonntag um 9 Uhr auf der obersten Ebene in Schriesheim zu stehen.
War es zuhause noch nebelig, herrschte an der Bergstraße schon um 8 Uhr schönstes Wetter. Blauer Himmel, keine Wolke zu sehen. Da lohnte sich das frühe Aufstehen. Einzig ein kalter Wind und dass die Felsen zu dieser frühen Stunde noch im Schatten liegen, trübten die ersten Klettermeter – denn ich fror erbärmlich, hatte ich doch meine dichte Regenjacke im Auto gelassen und nicht mit heftigem, kaltem Wind gerechnet.
Wir starten auf der obersten Ebene im Sektor Mama Mia mit der Genußverschneidung 4.
Blöde Idee und auch nur der Tatsache geschuldet, dass ich zu weit gelaufen war und zu faul, wieder zurück zu laufen. Die Genußverschneidung haben wir schon einmal verfehlt. Damals sind wir die Schneeflocke und Fingertraining 6 geklettert und uns heftigst geärgert, dass das eine 4 sein soll.
Diesmal steigen wir die richtige Route aber Spaß macht sie trotzdem nicht. Unten von Birken bewachsen, folgt die Linie einem Riss. Das ist aber auch schon der einzige Genuss.
Wir wandern zurück in den Sektor Schinderhannes. Die dortige Verschneidung 5+ gefällt mir schon besser. An den Chalk-Spuren kann man schön erkennen, dass sich wohl viele im Riss abmühen, dabei ist es viel einfacher auch den rechten Rand mitzunehmen. Zwar sind die Hakenabstände unten weit, ansonsten ist dir Route eher eine Genussverschneidung. Vom vorletzten Haken ist es dann noch einmal weit zum Umlenker, nicht so schlimm, wenn man wirklich fällt, hat man zumindest einen ordentlichen Sturzraum.
Die ersten Kletterer kommen gegen 10 Uhr auf die Ebene und so können wir nicht Berg Heil klettern, nehmen dafür die Villa Kunterbunt 6-. Deren Verlauf geht ebenfalls an einer Verschneidung entlang, man sollte aber alles was rechts und links ist nicht außer Acht lassen. Oft kann man aus der geraden Linie ein wenig abweichen und findet gute Tritte und Griffe. Ab dem vorletzten Umlenker wird es dann noch einmal einfach. Im Mittelteil kleingriffig.
Schwerer aussehen tut dafür der Nachbar: Schinderhannes 6-. Geht ein wenig Zickzack die Wand entlang, entpuppt sich aber schon nach wenigen Metern als Genußroute und gar nicht als Schinder. Immer, wenn man es braucht, ein guter Griff oder Tritt. Die Route ist klug gewählt und macht richtig Spaß.
Tolle Route.
In direkter Nachbarschaft meine Lieblingsroute: Andreas-Franz-Gedächtnisroute 6. (Sektor Mamma Mia)
Die Route sieht von unten viel spektakulärer aus, als sie sich klettern lässt!
Und natürlich ist sie schwerer, wenn man sich verläuft. Und das geht, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, recht gut. Mittlerweile hat in der Verschneidung irgendwer einen schwarzen Kreis mit einem X und einem Pfeil nach links ein gemalt. Vielleicht war der auch schon vor Jahren da und ich hab ihn nur übersehen.
Der erste Haken sitzt wie oft in Schriesheim schon recht hoch und die Griffe unten sind klein und man muss oft suchen. Also Zeit mitnehmen und Ruhe bewahren, dann fängt die Route gemütlich an.
Der Verschneidung folgen, bis zum vierten Haken, dann nach links queren. Da zittern sich viele durch, dabei gibt es gute, fette Griffe. Links den Haken clippen und nach oben steigen. Bevor die glatte Wand beginnt gibt es in einem Ausbruch gute Griffe. Zum Teil als Untergriffe nehmend, die Füße hoch anstellen, kann man beide Risse nun erreichen. Ich greife immer das Loch im rechten Riss zuerst, nehme die Füße weiter hoch und kann dann den linken Riss gut klettern. Dann kommt der letzte Haken links und man steht im linken Riss. Den rechten Fuß kann man in das Loch des rechten Risses halten oder weiter oben ansetzen. Man steht da eigentlich sehr gut. Der rechte Riss wird in der Mitte etwas schmaler. Dort kann man von Oben die Hand reinstecken und festklemmen. Jetzt hat man genug Halt, um weiter nach oben zu steigen.
Das Ziel ist ein Griff am linken Riss, mit der linken Hand gut zu erreichen, wenn man sich streckt. Der Rest ist einfach und der Grund, warum nicht mehr Haken in der Wand stecken. Natürlich kann man auch einen Friend setzen. Für Holger versenke beim Ablassen ich einen 0,5er Camalot in der Mitte mit einer langen Exxe. Gibt einfach ein besseres Gefühl. (Es gehen auch 1er und 2er) Möglichkeiten sind genügend vorhanden.
Mittlerweile ist die tiefstehende Herbstsonne um den Berg gewandert und endlich wird es warm. Dafür umso voller. Wir bleiben vor Ort und wechseln in die nächste Route. Herbstweg 6. Die fühlt sich wesentlich einfacher an und geht wieder als Genussroute durch. Wobei der Einstieg wie immer kritischer ist. Macht mir zwar nichts aus, aber ich denke immer an die, die „aus Versehen“ auf vier Meter mal abrutschen. Das wird weh tun! Ein Haken mehr würde das Problem entschärfen (oder halt immer ein paar Friends mitnehmen – hab ich immer am Mann)
Die Route sollte man sich so einfach wie möglich machen. Griffe gibt es auch mal rechts oder links der Linie und eigentlich sind an den wichtigsten Stellen gute Henkel und Schuppen zu finden. Einzig vor dem Umlenker muss man kräftig halten, hängt man doch und muss clippen und absichern. Wobei ich in meinem Gipfelbuch gelesen habe, dass ich beim letzten Mal von links (kleiner Überhang) zum Umlenker gegangen bin und heute von rechts, was einfacher ist. Beides ist möglich.
Immer mehr Leute kommen nun auf der dritten Ebene an, wandern aber ans rechte Ende. Da ich dort noch die Clou 7- klettern will und befürchte, dass die ansonsten wieder stundenlang belegt ist, wechseln wir zum Sektor Alpenjodler.
Die Clou ist einfach toll anzusehen. Und mit 7- eher knapp bewertet. Als Superclou (direkte Linie von unten) dann 7+.
Ich bin nun nicht der begnadete Kletterer und will mich nicht erdreisten die Bewerter zu korrigieren. Aber 7- ist unangemessen, insbesondere wenn man im gleichen Gebiet manche 7 oder 7+ gesehen hat. Zumindest eine glatte 7, vielleicht auch 7+.
Denn auch im unteren Teil ist m.E. ein Griff ausgebrochen. Wenn man von der Verschneidung an die Kante quert, war früher ein Loch, jetzt nur noch ein Seitgriff. Reicht zwar, macht es nicht einfacher. Im mittleren Teil ist ein Griff ausgebrochen.
Na und oben ist eh kam ein Griff zu sehen. Also spätestens dort ist es eher ein 7+ – aber vielleicht finde ich auch einfach die Linie nicht, die die Route zur 7- macht.
Egal, die Route ist genial, aufregend, schweißtreibend. Ich liebe sie!
Man startet in der Verschneidung und klettert bis auf Höhe des zweiten Hakens. Den ersten Haken hängt man unterwegs schon mal ein um keinen Grounder zu riskieren. Auf Höhe des zweiten Hakens geht man nach links. Der erste Griff ist m.E. ausgebrochen, man kann das Loch aber noch nach links ziehen. Mehr braucht es auch nicht. Daneben ist ein weiterer kleiner Griff. Von diesen beiden lässt sich clippen und dann nach links außen wechseln. An der Kante geht es weiter bis zum Felsstück, dass über die Platte vor steht.
Dieses Dreieck hat es in sich. Am rechten Rand, ca. 30cm von der unteren Spitze, ist eine Ausbuchtung, die sich gut halten lässt.
Wahrscheinlich gibt es verschiedene Arten den Block zu bewältigen, ich mache es so: Je rechts und links das Dreieck weit oben greifen, anziehen, den linken Fuß direkt unter die unterste Spitze (eine vielleicht 1cm Leiste reicht für den Fuß). Anziehen und mit Links nach oben die linke Ecke am Riss greifen. Wenn man den hat, mir rechts auch in den Riss und weiter nach oben, den großen Riss entlang. Da man hier gut Fausten kann, steht man sicher und kann erst mal Pause machen.
Weiter geht es am großen Riss entlang, spannend ist immer der Abstandhalter – zwei Metallstreifen, an dem man ablesen kann, ob sich der große Block bewegt hat, denn er droht irgendwann heraus zu fallen.
Bis zum nächsten Haken ist es zwar weit, aber man hat immer gute Griffe und sollte einfach den Kopf ausschalten. Im Zweifel einen fetten Friend mitnehmen.
Am nächsten Haken wechsele ich nach rechts zum schmaleren Riss. Wenige, dafür gute Griffe. Finden muss man sie. Am Riss nach oben, die fünfte Exxe rechts einhängen bin ich diesmal bis zum Ende des Risses gegangen und dann erst nach rechts gewechselt. Bin mir nicht sicher, aber erschien mir sinnvoller.
Jetzt kommt der Teil, bei dem ich mich immer frage, ob er nicht der schwierigere ist. Mal gehe ich ihn ganz locker, bei nächsten Mal zerre ich mir die Arme aus dem Leib. Die Fläche neigt sich nun nach innen und dementsprechend werden die Griffe noch rarer und kleiner. Feinste Leisten und ganz wenige Löcher.
Ich wechsele weit nach rechts, greife die runde Kante. Leider findet sich nirgends ein Griff, reine Aufleger. Am letzten Haken clippen – auch der ist ziemlich weit vom letzten weg – und dann über die Platte eher links haltend nach oben. Es gibt im Grunde nur eine kleine Leiste, mehrere Dreiecke die wie Finger nach oben zeigen und ein kleines Loch. Ziehen, Füße anstellen und zur Kante hochgreifen.
Eigentlich eher Kopfsache, man muss nur starten J
Hat man die Kante, ist die Route im Sack.
Diesmal ließ sich leider jemand ab, als ich die Hand am obersten Haken an der linken Kante hatte und bis er unten war, wurde vom Seil erst mein Finger eingeklemmt und dann das Bein und zu guter Letzt noch mein Fuß aus der Wand gedrückt. Kostete alles Kraft. Aber ich kam trotzdem ohne Hänger hoch.
Wobei ich gerne mal in einigen Tagen Abstand die Route klettern würde. Dann ist sie sicher noch schöner, da man sich an die Griffe erinnert. Immer nur ein, zwei Mal im Jahr ist zu wenig. Da ist vieles wieder wie neu. (Wobei ich dieses Jahr der Meinung bin, da ist einiges ausgebrochen)
Aber vielleicht ist das auch nur die beginnende Altersdemenz.
Beim nächsten Mal wollen wir die 7+ am unteren Stück noch ausprobieren. Sieht auf jeden Fall nicht wie 7 aus. Wo sind eigentlich da Griffe???
Weiter ging es zurück in den Sektor Mamma Mia. Mittlerweile ist es 15 Uhr und auch auf der dritten Ebene richtig voll. Der Tinitus 6 wird gerade frei, eigentlich hätte ich lieber die Riesenverschneidung 6/6+ oder die Vertigo gelaufen, aber für die eine war ich zu müde und die andere direkt vor unserer Nase okkupiert (man hängt einfach mal beim Ablassen eine Exe in die Nachbarroute ein und teilt dann den unten stehenden mit, dass man nun diese Route als nächstes machen wird).
So steigen wir die Tinitus 6 und wirklich Spaß macht sie nicht. Irgendwie alles krampfig, schon der Zustieg eine Zumutung, kein Haken, wenig Griffe, wenn man dann am eigentlichen Wandfuß steht ist das alles ziemlich wirr und ohne Linie. Für eine 6 nicht schwer. Im mittleren Teil bin ich nach links ausgewichen, um dann direkt danach nach rechts an die Kante zu gehen, der Hakenlinie nach oben.
Vielleicht lag es auch daran, dass ich müde war. Ganz nett, aber mehr auch nicht.
Wir lassen uns auf die nächste Ebene ab.
Wobei mir auffällt: Fehlt das Dachl neben Ossis Sprung??? Ist das Dachl vielleicht abgebrochen?
Da es sehr voll hier ist, wandern wir zum Sektor Cassin und machen ebendiese Route Cassin 6-.
Die Wand sieht von unten spektakulär glatt aus. Der erste Haken ist in gut 5 / 6 Meter Höhe. Ich setze einen 1er Friend , brauche dafür einige Sekunden, um zu überprüfen, ob er auch sitzt. Vor der glatten Wand steht quasi eine 30cm tiefe Platte im Abstand von 5 cm. Den Riss kann man sehr gut für einen Friend nutzen und außerdem gut zum piazzen. Als ich damit fertig war und nach oben greife und piazze, bin ich auch schon am ersten Haken. Der war somit nur etwas für das gute Gewissen. Ok, er hätte gehalten und einen Grounder macht man dann auch nicht, aber die Stelle ist so einfach, dass man eigentlich nicht fallen sollte.
Und so geht es weiter. Sie die Wand von unten noch glatt aus, kann man auf dem vorgestellten Block nun schöne Griffe finden und sich die wenigen Meter bis zu Kante erarbeiten. Ganz easy und locker.
Das war ein würdiger Abschluss mit einer schönen Route und ich will unbedingt nun aus der Sonne raus.
War es mir am Morgen so kalt, brennt seit 10 Uhr einem die Sonne dermaßen auf den Pelz, dass ich befürchte einen kleinen Sonnenstich bekommen zu haben. Trotz Helm. Auf dem Heimweg im Schatten geht’s mir wieder besser. Eigentlich wollte ich noch die 10te Route am Tag klettern, so sind es nur 9, aber für einen Herbsttag haben wie viel und ausgiebig geklettert.
Gegen 17 Uhr sind wir am Auto – war ein toller Tag!